Freitag, 25. Juli 2008

Duefte wie im Buch "Parfuem"

Steigst du bei der Station Kosmolenskovo aus, findest du dich schlagartig in einer anderen Welt wieder. Drei Bahnhoefe befinden sich hier und dementsprechend viel Volk. Ausserdem halten sich hier die traurigsten Gestalten der Stadt auf, die in einer Welle von Alkohol, Elend und Hoffnungslosigkeit schwimmen und wohl irgendwann davongspuelt werden. Alte und Junge in schmutzigen und ausgebeulten Kleidern, mit von Bluterguessen und Narben gezeichneten Armen und Beinen, dunkelblaue Falten unter den Augen und tote Blicke. Selbst wenn man sie waschen, friesieren und in einen Anzug stecken wuerde, ihre abgeloeschten Augen wuerden sie verraten.
Von einem Stand weht mir der verlockende Duft von gefuellten Broetchen entgegen, ein Hund streift mein Bein, ohne mich jedoch zu beachten, auf der Suche nach etwas Essbarem. Auf der Suche nach meinem Perron gerate ich in eine Seitengasse, die mit Pfuetzen und Schlamm bedeckt ist. Beissender Uringeruch schlaegt mir entgegen, am Boden liegt ein Obdachloser ausser Besinnung, von einem heftigen Krampf geschuettelt. Drei andere stehen ratlos herum, der eine schuettelt den Ungluecklichen, der andere raunt, er solle ihn in Ruhe lassen. Es beginnt zu regnen.
Schnell kehre ich um und draenge mich mit den anderen unter die kuemmerlichen Dachvorspruenge, ohne Erfolg, der Wind peitscht uns den Regen entgegen... Was solls, bald wird es aufhoeren und die Sonne trocknet schnell.
Endlich finde ich meinen Zug, Wagen 15 und ueberlege, ob ich den Dienst einer der Maenner mit den lottrigen Gepaeckwagen in Anspruch nehmen soll, die Riemen der Taschen scheiden sich schmerzend in meine Haende. Ich entscheide mich zum Glueck tapfer dagegen, denn der Zug faengt bei Wagen 17 an : )

Als ich meinen Wagon betrete bin ich froh, das Fahrrad und ein Teil meiner Sachen im Gepaeckwagon abgegeben zu haben. Es ist eng, stickig und riecht nach Alkohol und Schweiss...
"Wenn der Zug faehrt wird es besser...", beruhigt mich meine freundliche Mitfahrerin Tatjana. Leider steigt sie schon um halb zehn abends wieder aus. Sie besucht ihre Mutter und freut sich wie ein Kind. Eine leckere Suppe wie kein anderer sie zubereiten koenne stuende fuer sie bereit...
Noch 4 Naechte und 3 volle Tage bis Irkutsk...

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